Projekt
Christine Gambke aus Kienitz hat in ihr Projekt zur Dorfgeschichte viele Ortsansässige eingebunden. Wichtig war ihr dabei, sich mit Menschen unterschiedlicher Generationen auszutauschen. Zu Zeiten der DDR war Kienitz stark von der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) geprägt, die vielen Menschen Arbeit gab. Heute findet man auf den Wänden der ehemaligen Stallgebäude Streetart-Bilder junger Künstler*innen. In den geführten Interviews tauchen immer wieder Gemeinsamkeiten auf und die Autorin des Projekts ließ sich sogar von einem Wandbild zu einem Gedicht inspirieren.
Hintergrund
der Projektidee
1945 war Kienitz, ein kleines Dorf an der Oder, zu 80 % zerstört. Es wurde neue Heimat für viele Flüchtlinge. Land in Bauernhand, so das Motto der Bodenreform. 1955 wurde von den Behörden die Gründung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) »Neues Kienitz« angeordnet. Im Wachsen der LPG wurde bis Mitte der 1960er Jahre ein Stallkomplex für Schweinemast, Rinderaufzucht und Milchproduktion aufgebaut.
Nach und nach wurden die sich weiterentwickelnden technischen Anlagen verbessert. Nach der Wende wurde die LPG in eine Agrargesellschaft umgewandelt, 2008 kam schließlich das Aus für den Betrieb. Die Gebäude verfielen in einen Dornröschenschlaf, die Natur eroberte sich das Gelände und die Gebäude.
Damit wurde der Ort – unter ganz anderen Vorzeichen – wieder zu einem Ort gemeinschaftlichen Arbeitens. Heute wie damals war für viele eine zentrale Frage: Wie wollen wir unser Verhältnis zu Natur und Tieren gestalten?
Gemeinschaft
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann & Sander Bartel
Künstler*in: Dana Bormann & Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Künstler*in: Dana Bormann & Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Künstler*in: Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Künstler*in: Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Verhältnis zu
Tier & Natur
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Sander Bartel
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Dana Bormann & Sander Bartel | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Dana Bormann | Foto: Dana Bormann
Künstler*in: Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Künstler*in: Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Künstler*in: Sander Bartel | Foto: Sander Bartel | Animation: Sander Bartel

Künstler*in: Sander Bartel | Foto: Sander Bartel
Wiedergefundenes Leben
Ich fuhr im Oderbruch so für mich hin,
um Erholung zu suchen, das war mein Sinn.
Vom Schatten aus, unter der Eichenallee,
gab es am Giebel fernab eine Dame zu sehn.
Magisch lenkt mich die Giebelfrau in ihren Bann.
Ich kann nicht anders, ich muss dichter ran.
Ganz versteckt vor dem Ort an dem Oderlauf,
hört am Oderufer im Bruch Deutschland auf.
Welches Treiben und Tun floss hier in den alten Gemäuern?
Dorfleben! Vergessen! Zerbröckelt!
Dämmert schüchtern als Ungeheuer.
Die Spuren der Geschichte trauern wie auf der Totenbahre.
Mich ruft die Giebelfrau, die die Erde bewahre.
Tätowierte neue Gesichter von junger Künstlerhand
brüsten sich im Gebäudewald von Wand zu Wand.
Die Wellen des Lebens spülen Altes fort.
Graffitikunst zaubert einen lebensstrahlenden Ort.
Christine Gambke
Interview-
partner*innen

Angelika Buche wurde 1949 geboren, 1971 zog sie nach Kienitz. Sie war in der LPG »Neues Kienitz« in der Gärtnerei, im Feldbau und in der Rinder- und Kälbchenaufzucht beschäftigt. Sie blieb dem Betrieb auch nach der Wende bis zur Schließung 2008 treu. Heute lebt sie als Rentnerin in Kienitz.

Noah Bartel wurde 1996 in Berlin geboren. Im Jahr 2000 zogen seine Eltern nach Kienitz, wo er seine gesamte Kindheit und Jugend verbrachte. Schon in der Schulzeit startete er mit Freund*innen seine ersten Graffiti-Projekte. Er studierte in Berlin Illustration & Design und ist als Künstler, Fassadengestalter und Rapper aktiv.

Siegried Klützke wurde 1933 in Kienitz geboren. 1938 verzog ihre Familie auf die Ostseite der Oder auf das Familienerbe auf die Piese, ein Ortsteil von Kienitz. Am 01.02.1945 musste die Familie vor der Front gen Osten fliehen. Nach der Rückkehr war ihr Haus zerstört und die Familie fand Zuflucht in Kienitz Dorf. Siegried Klützke war viele Jahre Hausfrau mit ihren sechs Kindern. Sie arbeitete von 1976 bis 1990 in der LPG als Milchkontrolleurin und als Bürokraft. Heute lebt sie als Rentnerin hier im Ort an der Oder.

Dana Bormann, wurde 1998 geboren. Sie verlebte ihre Kindheit im Harz. Nach der Schule sammelte sie Erfahrungen in verschiedenen Kunsthandwerken. Ende 2019 kam sie nach Kienitz und sprüht/malt seitdem in dem alten LPG-Komplex mit. Sie studiert seit 2022 in Kassel an der Hochschule für Bildende Kunst.

Bernd Pasewald kam im Jahr 1965 zur Welt. Von 1984 bis zur Wende arbeitete er in der LPG »Neues Kienitz«. Heute lebt er in Berlin.

Sander Bartel wurde 2000 geboren. Er verlebte seine Kindheit in Kienitz. Mit seinem Bruder und Freunden malte er schon als Kind gern und begann vor ca. 10 Jahren mit dem Sprühen. Er arbeitet selbständig in dieser Branche und studiert seit 2022 in Kassel an der Hochschule für Bildende Kunst.

Carola Kopfnagel wurde 1958 geboren, sie lebte seit ihrer Kindheit in Kienitz. Carola arbeitete von 1982 bis 2004 als Viehpflegerin, Meisterin in der Tierproduktion und Brigadier in der LPG-„Neues Kienitz“ später Agrargesellschaft Kienitz. Heute lebt sie als Rentnerin in Kienitz.
Statement

Christine Gambke
Meine Heimat Kienitz wurde 1945 fast komplett zerstört, und unsere Kulturerbe-Orte stehen als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung.
Gleichzeitig ist Heimat eben nicht nur ein Ort sondern auch Menschen. Und so ein Projekt bringt die Menschen zusammen. Wieder in eine Gemeinschaft.
Christine Gambke wurde 1960 geboren, verbrachte die ersten 18 Lebensjahre in Kienitz. Arbeitete als Erzieherin und Logopädin in Sachsen und Niedersachsen. 2018 kehrte sie als Rentnerin in ihr Heimatdorf zurück und engagiert sich im ansässigen Ortsverein, Senioren- und Sportverein. Seit einem Jahr nimmt sie am Projekt „Dorfgeschichte aktivierend nutzen“ teil.
Ansprechpartnerin
Christine Gambke | csg-wilsche@web.de (Bitte mit Betreff: Dorfgeschichte)